Plötzlich wird es möglich, soziale Erfolge zu erringen
von Michael Quetting, ver.di-Sekretär für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen im Saarland, zuerst erschienen in der Februar-Ausgabe unseres Magazins
Als wir, Gewerkschafterinnen aus dem Gesundheitswesen, 2016 die Losung »Aufstehn für die Pflege« in die Welt setzten, war der Wunsch Vater des Gedankens. Dabei waren wir durchaus nicht am Punkt null. Am größten Universitätsklinikum Europas, der Berliner Charité, hatten die Kolleginnen bereits einen Tarifvertrag für Gesundheitsschutz und Mindestbesetzung erkämpft.

Im Saarland hatte ver.di mit Aktionen wie der »Pflege-Tortour«, dem »Saarbrücker Aufschrei« und dem »Homburger Aufstand« versucht, Pflegekräfte zum Handeln zu motivieren. Am 24. Juni 2015 hatten hunderttausende Pflegekräfte im ganzen Land vor ihren Kliniken mit Nummern von 1 bis 162.000 gezeigt, wie viele Beschäftigte fehlen.
Das hat in der politischen Arena einiges bewirkt. Bis hin zu dem Eingeständnis, dass das DRG-System, das System der Fallpauschalen, und damit die Unterordnung unter den Markt, die Ursache des Notstands ist. Das Kräfteparallelogramm verändert sich zugunsten einer Gruppe, die unter neoliberalen Kampfbedingungen vom Objekt zu einem Subjekt zu werden scheint.
Und plötzlich wird es möglich, soziale Erfolge zu erringen – selbst solche, die die propagierte Logik der kapitalistischen Bewegungsform zumindest mit Zweifel belegen. Die Frage des politischen Streiks wird nicht als akademische Hörsaaldiskussion geführt. Sie stellt sich als konkrete Frage der Praxis.
Jede Form des Aufstehens ist wichtig. Doch entscheidend in dieser Auseinandersetzung sind die kampf- und streikbereiten Belegschaften in den mittlerweile über einem Dutzend Krankenhäusern. Mit Tarifverträgen oder anderen Vereinbarungen haben sie sich an die Verfügungsgewalt der »Arbeitgeber« herangetraut, haben mehr Personal und Konsequenzen bei Unterbesetzung durchgesetzt, haben Belastungstage erfunden, die mit zusätzlicher Freizeit ausgeglichen werden müssen. Insbesondere die Beschäftigten großer Kliniken haben sich als Schlüssel für den Wandel erwiesen. Dabei experimentierte frau mit neuen Formen der Beteiligung und entwickelte die eigene Gewerkschaft ver.di weiter.
Die Veränderung kommt aus den Betrieben. Sie ist weiblich und sie handelt in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Notwendigkeiten. Aber dies geschieht nicht im Selbstlauf. Die Kolleginnen müssen befähigt werden. Und damit ist unsere Aufgabe benannt.
Ein Gedanke zu „Veränderung kommt aus den Betrieben“
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