Mein wesentlicher Eindruck der italienischen Linken ist momentan, dass bisher nicht geschafft wurde, eine Organisation aufzubauen die – ob man in allem einig ist oder nicht – einen stabilen Bezugspunkt darstellt, wie z.B. DIE LINKE in Deutschland.
von Filippo Capezzone, Stuttgart
[Der Autor ist einfaches Auslandsmitglied bei Sinistra Italiana, einer der beiden Komponenten innerhalb von Liberi e Uguali (LeU). Der Artikel wurde im September 2018 geschrieben]
Es gab eine Reihe von Versuchen, um Bündnisse auszuloten und eine Organisation aufzubauen. So viele, dass es – zumindest von außen – schwer fällt, den Überblick zu behalten, und die Ergebnisse sind noch nicht klar. Am bedeutendsten scheinen im Moment das Projekt Liberi e Uguali (LeU), das irgendwo zwischen linker Sozialdemokratie und demokratischem Sozialismus angesiedelt ist, und das Projekt Potere al Popolo, das deutlich weiter links steht und ein Zusammenschluss bisher außerparlamentarischer Linker ist. LeU haben bei der letzten großen Wahl, der Nationalwahl im März 2018, 3.3% erhalten, Potere al Popolo haben 1.1% erhalten.
Der Partido Democratico
Um ein paar wesentliche Eckpfeiler zu nennen: Zu den Nationalwahlen 2013 waren die Sozialdemokraten (Partito Democratico, PD) unter einem vergleichsweise (mit Betonung auf vergleichsweise) linken Vorzeichen angetreten, mit Pier Luigi Bersani als Generalsekretär und Spitzenkandidat einer gemeinsamen Liste namens „Italia Bene Comune“, die auch von der Linkspartei SEL unterstützt wurde. SEL (Sinistra Ecologia liberta) war eine LINKE-ähnliche Abspaltung aus Rifondazione Comunista (PRC).
Die PD hat nur in einer der beiden Parlamentskammern die Mehrheit erlangt. Es gab Sondierungsgespräche. Die 5-Sterne wollten sich in keiner Regierung kompromittieren, damit war eine Mehrheitsfindung ohne Berlusconi schwierig. Es wurde eine Koalition des PD mit dem Nuovo Centro Destra (Angelino Alfano) gebildet, einer christdemokratischen Abspaltung von Berlusconis Popolo della Liberta (PdL). Regierungschef wurde der PD-Mann Enrico Letta. Bei den Primaries zum neuen Generalsekretär der PD gewann der Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, Sprössling einer traditionellen Christdemokratenfamilie aus dem Arnotal bei Florenz, den Posten. Der Staatspräsident (das ex-PCI-ZK-Mitglied Giorgio Napolitano) berief Enrico Letta ab und setzte Renzi als neuen Ministerpräsidenten ein. Renzi hat eine mit persönlicher Arroganz garnierte Politik nach dem Rezept Gerhard Schröders gemacht. Wichtig ist, dass unter Renzi die ehemaligen Kommunisten und Sozialdemokraten endgültig zugunsten der ehemaligen Christdemokarten aus der Führung des PD verdrängt wurden. Der Charakter des PD wandelte sich endgültig zu einer liberaldemokratischen Partei.
Der Jobs act 2014-2016
Von Links bzw. von den Gewerkschaften wurde vor allem eine Arbeitsmarktreform namens Jobs act der Jahre 2014 bis 2016 kritisiert. Es handelt sich um eine Reihe von Dekreten und Gesetzen, die erklärtermaßen die Beschäftigung fördern sollten und prekäre Beschäftigung zurückdrängen sollten. Von Links wurden sie allerdings als Maßnahmen zur Aushöhlung des Kündigungsschutzes und Ausweitung der prekären Beschäftigung kritisiert. Die Regierung argumentierte, man müsse den Unternehmen Anreize bieten, um nicht mehr so viele befristete Verträge abzuschließen. Dazu wurde a) ein Subventionsprogramm für unbefristete Verträge eingerichtet, das in Vergünstigungen der Arbeitgeber bei der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge bestand. Das Programm bestand für 2 Jahre. Zusätzlich wurde b) der berühmte Artikel 18 des Arbeitsgesetzes (Statuto die Lavoratori) ausgehöhlt, der bisher Kündigungen weitgehend ausschloss. Jetzt sollten unrechtmäßige Kündigungen nicht mehr zur zwangsweisen Wiedereinstellung führen, sondern durch die Zahlung einer Abfindung legalisiert werden. Unternehmen können also fortan illegal entlassen, sich aber mit einer Abfindung freikaufen (Piccini 2016). Dies wurde als eine faktische Abschaffung des Kündigungsschutzes gesehen. Die Vergünstigungen für Arbeitgeber bei der Sozialversicherung kostete die Versicherungen 10 Mrd. Euro. Die Nachhaltigkeit der geschaffenen Stellen ist fraglich und der Kündigungsschutz ist erst mal durchlöchert. Zudem – und widersprüchlich zur Intention, unbefristete Verträge zu fördern – wurde die Zahl der möglichen Vertragsverlängerungen bei befristeten Verträgen ausgeweitet: Inzwischen darf innerhalb von 3 Jahren 5 mal verlängert werden (Ciccarelli 2018). Nach einer Datenauswertung der gewerkschaftsnahen DiVittorio-Stiftung (Fdv) ist die Zahl der Arbeitsverträge mit Laufzeit kürzer als sechs Monate zwischen 2013 und 2017 von einer Million auf 1.4 Millionen angestiegen (Cicarelli 2018). Trotz der Erleichterung bei den Sozialbeiträgen ab 2015 für unbefristete Verträge ist deren Zahl bis 2017 um 41.5% gesunken und gleichzeitig die Zahl der befristeten insgesamt um 38.9% gestiegen, davon sind ca. 50% obendrein nur Teilzeitverträge (ibid.). 12% der Beschäftigten in Italien sind von Armut bedroht (ibid.).
Die gescheiterte Änderung des Wahlrechts
Neben anderen negativen Aspekten der Regierung Renzi ist der Versuch zu erwähnen, die italienische Demokratie über das Wahlrecht umzugestalten. Hier konnte sich Renzi bereits nicht mehr voll durchsetzen. Diejenige Partei, die bei den Nationalwahlen über 40% der Stimmen erhielt, sollte mit einer Mehrheit von 55% der Sitze im Parlament ausgestattet werden, also einer komfortablen Mehrheit um durchzuregieren. Die zweite Parlamentskammer, der Senat, sollte abgeschafft werden (Böhme-Kuby 2015). Die Mehrheit für die notwendige Verfassungsänderung sollte über ein Referendum gefunden werden. Gegen die Verfassungsänderung formierte sich ein breites Lager. Lega Nord, 5-Sterne, viele GewerkschafterInnen, Teile des PD und linke Parteien warben alle für „NO!“. Nach dem klaren Scheitern des Referendums trat Renzi als Ministerpräsident zurück und überließ den Posten dem Parteikollegen Paolo Gentiloni, zog aber in der PD nach wie vor die Fäden.
Von der SEL zur Sinistra Italiana
So viel und unvollständig zum Hintergrund. Was ist während dieser Zeit im linken Lager passiert? Die Linkspartei SEL, die noch Mitglied des Mitte-linken Wahlbündnis 2013 war, ging bereits gegen die Regierung Letta in die Opposition. Es kam zwischen 2013 und 2017 zu zwei größeren Linksabspaltungen aus der PD in den Reihen des Parlaments. 2015 traten einige Parlamentarier aus der PD aus und schlossen sich der Fraktion der SEL an. Die Fraktion benannte sich daraufhin in Sinistra Italiana – SEL um, die seitdem 32 Sitze in der ersten Parlamentskammer hatte. Es wurde kritisiert, dass es sich sich dabei v.a. um eine parlamentarische Volte handele, allerdings fand vor der Konstituierung der neuen Fraktion zumindest ein Diskussionsforum mit 3000 Teilnehmerinnen in Rom statt. Sinistra Italiana trat 2016 bei den Kommunalwahlen in verschiedenen Bündnissen und Konstellationen an: so in Rom (4.5%), Neapel, wo SI zusammen mit Rifondazione Comunista und anderen linken Gruppen erfolgreich für die Wiederwahl von Luigi de Magistris zum Bürgermeister warb (66.8%), oder der Kleinstadt bei Florenz Sesto Fiorentino, wo Lorenzo Falchi von SI mit 65% zum Bürgermeister gewählt wurde, um ein paar erfolgreiche Beispiele zu nennen.
Im Februar 2017 erfolgte der Gründungsparteitag der Partei Sinistra Italiana (SI). SEL wurde aufgelöst bzw. ging in SI auf. Eine Fraktion innerhalb von SI/SEL spaltete sich ab bzw. trat der neuen Partei nicht bei, da sie mit der konsequenten Absage an eine Zusammenarbeit mit dem PD nicht einverstanden war. Die Frage der Haltung zu Europa/EU wurde auf dem Gründungsparteitag nicht gelöst, sondern – so mein Eindruck – offen gelassen. Es gibt VertreterInnen eines EU/Euro-Ausstiegs wie auch der Arbeit innerhalb der bestehenden EU. Seit Juni 2017 hat SI Beobachterstatus in der European Left (EL).
Der Movimento Democratico e Progressista (MDP)
Genau gleichzeitig mit der Gründung von SI im Februar 2017 erfolgte eine zweite Abspaltung von Parlamentariern und Funktionären der PD. Abgeordnete gründeten die Fraktion Articolo 1 – Movimento Democratico e Progressista (MDP). Darunter waren ehemalige ex-kommunistische Parteigranden wie Pier Luigi Bersani, der ex-Außenminister und Ministerpräsident Massimo D‘Alema, die Führungsfigur des linken PD Flügels Roberto Speranza, der amtierende Präsident der Region Toskana Enrico Rossi u.a. Während die Abtrünnigen der PD aus der ersten Welle eine weitere Zusammenarbeit mit der PD deutlicher ausschlossen, war die Nähe zum PD bei MDP wesentlich ausgeprägter. MDP traten nicht der Partei SI bei. Im Gegenteil schlossen sich diejenigen Personen aus SI/SEL, die die klare Oppositionshaltung gegen die PD nicht wollen, dem MDP an.
Die linken Publizisten Anna Falcone und Tommaso Montanari riefen im Juni 2017 eine Reihe von Treffen ins Leben, um eine linke Liste zu den Nationalwahlen am 4. März 2018 aufzubauen. Das Bündnis war zunächst sehr breit: Personen aus dem linken Flügel des PD, SI, MDP, Possibile (eine noch ältere und relativ bedeutungslose Abspaltung aus der PD) und auch Rifondazione Comunista und die AktivistInnen des linken Zentrums in Neapel je so pazzo nahmen am ersten Treffen im römischen Brancaccio Theater teil (die Initiative wurde nach dem Namen des Theaters als Percorso del Brancaccio bezeichnet). Nachdem deutlich wurde, dass SI, MDP und Possibile eine Einigung außerhalb des Forums des Brancaccio-Prozesses suchten, verließen Rifondazione Comunista und die AktivistInnen um je so pazzo das Projekt. Die Organisatoren Falcone und Montanari beendeten es.
Zusammenschluss zu Liberi e Uguali (LeU)
SI, MDP und Possibile einigten sich auf einen gemeinsamen Wahlantritt unter dem Label Liberi e Uguali (LeU, Freiheit und Gleichheit). Die Möglichkeit, das Projekt in eine gemeinsame Parteineugründung münden zu lassen, stand im Raum. Als Spitzenkandidat wurde der ehemalige Parlamentspräsident Pietro Grasso, der kürzlich die PD verlassen hatte, ausgewählt. Hier eine kleine Auswahl aus dem Wahlprogramm: Bekämpfung der prekären Beschäftigung und Rücknahme des Jobs act. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Stärker Progressive Besteuerung. Energiewende bis 2050. Reduktion der Rüstungsexporte. Insgesamt scheint das Programm solide, aber wenig radikal und nicht sehr detailliert.
Ich füge einen Auszug aus dem Redebeitrag der 88-jährigen Kommunistin Luciana Castellina am Gründungskongress der Liste LeU am 7. Januar 2018 bei:
‚“Seit dem gescheiterten Verfassungsreferendum haben sich viele junge Menschen wieder der Politik zugewandt. Heute hier in unserem Kongress sind viele junge Menschen anwesend. Das ist von größter Bedeutung und wir müssen sicherstellen, dass die Aktivität der vielen jungen Aktiven sichtbar ist. Wir müssen ihnen viel Verantwortung übertragen. Damit meine ich nicht Kandidaturen zum Parlament. Nicht hauptsächlich zumindest. Ich meine die reale Verantwortung für die Gestaltung der Arbeit die vor uns liegt. […] Seien wir ehrlich. Viele junge Leute sehen unser Unterfangen mit Misstrauen. Denn viele wurden in der Vergangenheit enttäuscht. Aber viele sind auch von ‚Liberi e Uguali‘ überzeugt. Denn sie sehen, dass diese Organisation das Ergebnis harter inhaltlicher Auseinandersetzungen ist. Viele Junge haben an diesen Auseinandersetzungen selbst teilgenommen. Und ihr Ergebnis ist in unser Programm eingegangen. Das Ergebnis dieser Diskussionen war, dass wir uns endlich ein Stück weit aus dieser Käseglocke befreit haben unter der Renzi und seine Politik der Verwischung von rechts und links unser politisches Leben erstickt hatte. Diese Politik der letzten Jahre hat die Demokratie verkümmern lassen. Denn Demokratie beruht auf Teilhabe und vor allem: Demokratie beruht auf organisierter Teilhabe. Ich selbst sehe die Risiken in unserer Parlamentsliste ‚Liberi e Uguali‘. Aber ich will diese Risiken eingehen. Ich denke das nächste Italienische Parlament wird sehr gefährlich werden. Gefährlich für die Demokratie selbst, für die Verfassung, die sich verschiedenen Angriffen ausgesetzt sehen wird. Es ist überlebenswichtig, dass wir im nächsten Parlament eine linke Fraktion haben. Um das zu erreichen will ich die Risiken eingehen die in unserer parlamentarischen Operation liegen. Viele haben auf diesem Kongress gesagt: wir brauchen eine Partei. Ich bin eine Partei-Veteranin. Natürlich will ich also auch eine Partei. Aber Parteien macht man nicht durch ein Abkommen zu einer gemeinsamen Wahlliste. Es muss ein realer Prozess der Wiedervereinigung verschiedener politischer Kulturen sein. Ortschaft für Ortschaft müssen sich Parteikomitees bilden die lokal verankert und anerkannt sind. Gestatten sie mir die Anmerkung: früher war es nicht schwer eine linke Partei zu sein. Es reichte aus die Arbeiterklasse zu repräsentieren. Und die war geografisch konzentriert, kulturell relativ homogen und alle Arbeiter waren in einer sozioökonomisch ziemlich ähnlichen Lage. Heute stehen wir einem ‚Minestrone‘ von prekären Lebensituationen gegenüber, wobei es sehr große kulturelle Unterschiede gibt. Ja, alle werden ausgebeutet. Ja ,sie sind die Mehrheit der Gesellschaft. Aber wie immer verliert die Mehrheit, die 99% der Ausgebeuteten gegen das 1% der Ausbeuter. Heute verlangt die Repräsentation der ausgebeuteten Mehrheit einen Prozess soziokultureller Mediation. Deshalb darf ‚Liberi e Uguali‘ nicht nur ein kurzfristiges Wahlbündnis sein, sondern muss zu einer lebendigen politische Organisation werden.“
Erste Umfragen versprachen ein Ergebnis von bis zu 6% für LeU. Politisch war das Wahlbündnis heterogen. In der Tat bestand es ja aus Personen, die vor kurzem noch die Politik des PD mitgetragen hatten, und linkssozialistischen Kreisen. Unglücklich blieb mir auch die unklare Haltung zu einer möglichen Koalition mit der PD nach der Wahl in Erinnerung. Z.B. erklärten Massimo D‘Alema und Pietro Grasso in manchen Situationen vor laufenden Kameras, sie würden eine Koalition mit dem PD doch nicht ausschließen, was zu Zwistigkeiten mit SI führte und das Wahlbündnis nicht stärkte. Die Wahl ging für LeU unglücklich aus. In der ersten Kammer wurden 3.39% erreicht, in der zweiten Kammer 3.28%. Damit halbierte sich die Zahl der Mandate im Parlament auf 14 in der ersten Kammer und 4 Senatoren in der 2. Kammer. Problematisch ist dies für die Parteien auch, insofern sie sich fast ausschließlich über MandatsträgerInnenabgaben finanzieren. Die schnell gebildeten und umgebildeten Organisationen verfügen noch über keine stabile Basis, die verlässlich Beiträge zahlen könnte. Grundsätzlich ist es in Italien unüblich, höhere Mitgliedsbeiträge einzuziehen. Seit die technische Regierung Monti allerdings in den Zehnerjahren die Parteienfinanzierung nahezu abgeschafft hat, kommt hier ein Umdenken in Gang.
Nach der erfolglosen Wahl treten Unstimmigkeiten zwischen SI und MDP innerhalb von LeU wieder offen zutage. Beispielsweise unterstützt LeU in der Region Lazio den PD Ministerpräsidenten Zingaretti, zur Unzufriedenheit von SI. Auch ist die Frage der politischen Einordnung bei den Europawahlen unklar. MDP tendiert nach wie vor zur Europäischen Sozialdemokratie während SI sich zum Lager der EL zugehörig fühlt.
Trotzdem stimmen die Delegierten auf dem Parteitag von SI im April 2018 für ein Festhalten am Projekt einer gemeinsamen Partei mit MDP. Anfang Mai 2018 fällt bei einem Kongress von MDP ein ähnlicher Beschluss.
Am 12. Mai findet ein Kongress von LeU statt. Ein Fahrplan der Gründung von LeU als eigener Partei wird diskutiert und beschlossen.
Potere al Popolo (Die Macht dem Volk)
Der andere Strang der italienischen Linken ist ein Projekt derjenigen Kräfte, die im Processo del Brancaccio von SI und MDP außen vor gelassen wurden (bei der Versammlung am 18. Juni 2017 wurden den Aktivisten von je so pazzo kein Rederecht eingeräumt) (Pollice 2018). AktivistInnen va. aus dem neapolitanischen sozialen Zentrum je so pazzo gründen die Liste Potere al Popolo (Die Macht dem Volk). Weitere linke Kleinorganisationen wie auch die Rifondazione Comunista treten dem Bündnis bei.
Je so pazzo ist ein soziales Zentrum in Neapel in den Räumlichkeiten einer ehemalige psychiatrischen Anstalt. Das Zentrum besteht seit 2015 und leistet beachtliche Arbeit. So wie das Betreiben eines Krankenhauses, Unterricht und Unterstützungsstrukturen für die Armen in Neapel und auch für Geflüchtete.
Das Programm von Potere al Popolo scheint – zugegeben ohne es komplett vergleichend studiert zu haben – thematisch ähnlich dem von LeU, allerdings radikaler und auch etwas konkreter ausgearbeitet in Detailfragen.
Jean-Luc Mélenchon unterstützte Potere al Pololo im Wahlkampf u.a. durch einen Auftritt in Neapel (Pollice 2018).
Bei den Nationalwahlen am 4. März 2018 erhielt Potere al Popolo jeweils 1.11 und 1.03% in den beiden Parlamentskammern.
Über den Fortgang des Projekts bin ich nicht informiert und kann nicht kompetent Auskunft geben. Die Homepage der Partei weist steigende Mitgliedszahlen aus. Ich halte es für wahrscheinlich, dass Potere al Popolo sich auf europäischer Ebene der Liste Maintenant le peuple mit La France insoumise, Podemos, Bloco de Esquerda anschließen wird.
Ausblick
Auffällig an der gesamten Erzählung ist sicherlich, dass die Basis nicht vorkommt. Als Außenstehender kann man auch sehr schwer einschätzen, wie die Organisationsstrukturen an der Basis aussehen und wie gut sie die vielen Bündnisoperationen auf der Ebene der FunktionärInnen und ParlamentarierInnen verkraftet hat. Sicher scheint mir, dass Potere al Popolo auf einem Basis-Projekt beruht. Wie sehr über Neapel hinaus Basisarbeit existiert, kann ich nicht einschätzen. Wie es bei SI, MDP und LeU aussieht, weiß ich ebenfalls nicht. Die Facebookseite von SI in meiner Stadt Florenz weist eine moderate Aktivitätsrate in der letzten Zeit auf. Klar ist aber, dass z.B. der Sieg bei der Bürgermeisterwahl des SI-Manns Lorenzo Falchi in Sesto Fiorentino auch auf eine solide Bewegungsarbeit u.a. gegen eine geplante Müllverbrennungsanlage zurückgeht.
Quellen:
Böhme-Kuby. 2015. Bulldozer Renzi. Blätter für Deutsche und Internationale Politik. Juli 2013. 25-28.
Nanni, L. 2017. ‚Je so pazzo‘ fuori dal Brancaccio. La Citta Futura 24.06.2017.
Pollice, A. 2018. Mélenchon incontra Potere al popolo: ‚Sono qui per imparare‘. Il Maninfesto. 15.02.2018. https://ilmanifesto.it/melenchon-incontra-potere-al-popolo-sono-qui-per-imparare/