Schikane gegen Flüchtlinge
von Daniel Behruzi
Der DGB liegt richtig. Die scharfe Kritik von DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach an den Plänen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für ein »Integrationsgesetz« trifft den Nagel auf den Kopf. Die Gewerkschafterin spricht nicht nur im Sinne der Geflüchteten, die noch mehr gegängelt werden sollen als ohnehin. Sie agiert auch im Interesse aller abhängig Beschäftigten – insbesondere von Niedriglöhnern und Arbeitsuchenden.
De Maizière verfolgt zwei Ziele. Zum einen reagiert er auf die Wahlerfolge der AfD. Er will die Union nach rechts schieben, um von der fremdenfeindlich aufgeladenen Stimmung eines Teils der Gesellschaft zu profitieren. Das wird nicht funktionieren. Im Gegenteil: Mit solchen Positionen gießt er Öl ins Feuer, verschärft den Rassismus und macht die AfD weiter hoffähig. Man muss leider sagen: Die AfD wirkt. So wie einst Die Linke die Sozialdemokraten unter Druck setzte, soziale Themen aufzugreifen, verstärken die Rechtspopulisten nun die rassistische Politik der Konservativen.
Das zweite und wichtigere Ziel des Innenministers ist es, den Druck auf Arbeitsbedingungen und Löhne zu verschärfen. Die Attacke gilt nicht nur den Flüchtlingen, die gezwungen werden sollen, jeden noch so miesen Job anzunehmen. Andernfalls verlieren sie ihren Aufenthaltsstatus oder ihr Recht, den Wohnsitz frei zu wählen. Die Unterbietungskonkurrenz wird dadurch weiter verschärft. De Maizière handelt eben nicht im Interesse derjenigen, die sich vor der Konkurrenz der Geflüchteten fürchten. Die Gewerkschaften stehen in der Pflicht, den Beschäftigten diesen Zusammenhang immer wieder zu verdeutlichen.
Die Begriffe, mit denen der Unionspolitiker seine reaktionäre Botschaft verkauft, könnten direkt dem »Neusprech« aus Orwells Roman »1984« entlehnt sein. »Wir wollen keine Ghettobildung«, begründet de Maizière seinen Plan, Flüchtlingen vorzuschreiben, wo sie zu wohnen haben. Die Mittel, mit denen Ghettos vermieden werden könnten, sind freilich ordentliche Löhne, bezahlbarer Wohnraum und das Ende der »Gentrifizierung« – also der Verdrängung ärmerer Menschen. Der Minister will das Gegenteil. Auch die Bezeichnung »Integrationsgesetz« ist eine bewusste Irreführung. Der Zwang, andere Beschäftigte bei Lohn und Arbeitsbedingungen zu unterbieten, fördert die Spaltung, nicht die Integration.
Nötig ist eine andere Art der Integration. Nicht die erzwungene Übernahme »deutscher Werte« – was immer das sein soll. Sondern die Integration der Geflüchteten in die Betriebe und in die Arbeiterbewegung. Der DGB sollte seine Tore weit öffnen, Flüchtlinge gezielt ansprechen und ihnen Angebote machen. Gewerkschaftsbüros in Aufnahmeeinrichtungen, die über arbeitsrechtliche Fragen informieren und die Menschen über ihre Rechte aufklären, wären ein Anfang. Zu verhindern, dass Flüchtlinge für Lohndumping missbraucht werden, ist entscheidend, um Spaltung zu verhindern und Beschäftigungsstandards zu erhalten. Für die Gewerkschaftsbewegung ist das eine große Herausforderung.
Dieser Kommentar ist zuerst in der Tageszeitung „junge Welt“ erschienen.